Erbschaften: »Erinnern als Gegenwartsbeschreibung«
JAN GEIGER, SAMUEL FISCHER-GLASER, ANNEGRET LIEPOLD
In diesem Jahr wird der »Stunde Null« gedacht. Dieser Begriff darf allerdings nicht über die Kontinuitäten zwischen dem NS- und dem post-faschistischen Deutschland hinwegtäuschen. In einer Matineelesung präsentieren sich Literaturen, in denen Erinnerungsarbeit zugleich kritische Gegenwartsbeschreibung ist.
»Man hatte sich auf eine beredte Stummheit geeinigt, die das Wesentliche zwischen Nebensächlichkeiten packte, also Sonderangebote, Wetter, Nazis, Fernsehprogramm.« ANNEGRET LIEPOLD: »UNTER GRUND«
Jan Geigers Intervention nimmt den Rosa-Winkel-Gedenkstein zum Anlass, um die Weiterverfolgung queerer Menschen nach 1945 zu untersuchen. Samuel Fischer-Glaser wird Gisela Elsners Auseinandersetzung mit dem Fortbestand rechter Einstellungen in der BRD nachgehen. Und in Annegret Liepolds Roman »Unter Grund« (Blessing, 2025) wird ein Ort in Mittelfranken zum Schauplatz einer vielschichtigen Rückkehr des Verdrängten von der Dorfvergangenheit zum NSU-Komplex. Chris Reitz ist Assistenzkurator am NS-Dokumentationszentrum, Schwerpunkte bilden rechte Ideologien, Krisen-/Austeritätsdiskurse und Fragen der Solidarität.
Moderation: CHRIS REITZ
Header: © Coverdetail Annegret Liepold »Unter Grund« (Blessing) unter Verwendung des Gemäldes »Fuchs auf der Pirsch« Carl Friedrich Deiker